Ärztliche Sprechstunden online - Anwendungsgebiete von medizinischem Cannabis
Veranstaltungsreihe des Cannabis Social Clubs 2021
Cannabis in der Behandlung von
Symptomen bei Parkinsonpatient*innen

Dr.in Marina Peball
LL.M., PhD, Assistenzärztin für Neurologie an der Universitätsklinik für Neurologie, Medizinische Universität Innsbruck (A)
Was ist Morbus Parkinson? Wie macht es sich bemerkbar? Wie sieht die klassische Behandlungsmethode aus und was können sich Patient*innen von einer Behandlung mit Cannabis erwarten? Und wie erhalten sie die nötige Verschreibung für eine Therapie basierend auf medizinischem Cannabis?
Mit diesen und weiteren Fragen haben sich Expert*innen und medizinisches Fachpersonal auseinandergesetzt, um sie an einem Themenabend mit Interessierten zu besprechen. Die Ergebnisse der medizinischen Sprechstunde können Sie hier nachlesen, ebenso kann die Videoaufzeichnung der gesamten Veranstaltung angesehen werden. Das nebenstehende Infoblatt kann bei Bedarf heruntergeladen und ausgedruckt werden.
Aufzeichnung ansehen
Die Abendveranstaltung zu diesem Thema fand online am 22.06.2021 statt und kann hier nochmal angesehen werden.
Diskussionsrunde:
- Dr.in Marina Peball, Expertin
- Dr.in Cecilia Raccagni, Neurologin, Parkinsonambulanz am Krankenhaus Bozen
- Dr. Aldo Leonardo Berti, Hausarzt, Bozen
- Dr. Roberto Pittini, Facharzt für Anästhesie und Schmerztherapie, Meran
- Dr. Elio Dellantonio, Ex-Primar SERD, Bozen
- Peter Grünfelder, Vertretung Patientenvereinigung, Bozen
Morbus Parkinson
Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung. Sie ist gekennzeichnet durch das Absterben der dopaminhaltigen Nervenzellen in einem Teil der Substantia nigra, einer Struktur im Mittelhirn. Der Mangel an dem Botenstoff Dopamin führt letztlich zur Bewegungsstörung.
Charakteristische motorische Symptome sind eine Bewegungsverlangsamung und Reduktion der Amplitude, Steifigkeit in den Extremitäten und Gelenken sowie das Muskelzittern (Tremor) im Ruhezustand.
Zusätzlich leiden Patient*innen an einer Vielzahl von nicht-motorischen Symptomen, welche im Verlauf der Erkrankung zunehmen und häufig die Lebensqualität negativ beeinflussen. Dazu zählen Schlafstörungen, Gedächtnisfunktionsstörungen, Ängstlichkeit oder depressive Verstimmungen und eine Neigung zu Verstopfung.
In späten Stadien der Erkrankung kommt es oft zu einer Einschränkung der Gangfunktion mit Gleichgewichtsstörungen und vermehrten Stürzen.
Klassische Behandlung
Für die Behandlung von Morbus Parkinson stehen zurzeit nur symptomatische Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Bis heute ist noch keine kausale Therapie zugelassen.
Der Goldstandard der Therapie ist die Gabe von „Levodopa“, einer Vorstufe von Dopamin, das im Gehirn zu Dopamin umgewandelt wird. Damit kann der Dopaminmangel im Gehirn der Parkinson-Patient*innen ausgeglichen werden.
Weitere Medikamente, welche den Dopaminhaushalt beeinflussen bzw. direkt am Rezeptor wirken, stehen ebenso zur Verfügung. Dabei lässt sich das fehlende Dopamin dem Gehirn allerdings nie direkt zuführen.
Wesentliche Vorteile der klassischen Behandlungsmethode sind die einfache Verfügbarkeit und die breite Anerkennung der Therapie.
Mögliche Nebenwirkungen sind Überbewegungen (Dyskinesien), Halluzinationen, Impulskontrollstörungen, Blutdruckabfall sowie Beinödeme.
In fortgeschrittenen Krankheitsstadien kommt es durch einen progredienten Zelluntergang zur Abhängigkeit von externer Levodopa-Gabe, was unter anderem zum Phänomen der Wirkungsschwankungen (On/Off) führt.
Die Behandlung von nicht-motorischen Symptomen erfolgt auf der Basis von Standardtherapien für das jeweilige Symptom, welche aufgrund ihrer Nebenwirkungen oft nur begrenzt anwendbar sind.
Behandlung mit Cannabis
Cannabis Rezeptoren finden sich in Ko-Lokalisation zu Dopaminrezeptoren, wodurch die Möglichkeit besteht, dass der Dopaminhaushalt durch Cannabinoide moduliert wird.
In Studien konnte eine Besserung von diversen nicht-motorischen Symptomen festgestellt und ausreichend dokumentiert werden. Dies trifft bei psychischen Störungen, im besonderen bei Schlafstörungen und Angstzuständen, zu. Davon können auch Parkinson-Patient*innen profitieren.
Medizinisches Cannabis wird von Parkinson-Patient*innen gut vertragen.
Mit einem Präparat können gleich mehrere nicht-motorischen Symptome gelindert werden.
Speziell für die Anwendung bei Parkinson-Patient*innen stehen, außer der in diesem Artikel beschriebenen, wenige andere Studien zur Verfügung. Trotz positiver Ergebnisse kann deswegen kein eindeutiger Nachweis einer Effizienz garantiert werden.
Für eine abschließende Beurteilung ist die aktuelle Studienlage zu Cannabis in der Behandlung von Symptomen bei Parkinsonpatient*innen als unzureichend einzustufen.
Zugang zu medizinischem Cannabis
Eine Risiko-/Nutzen-Abwägung sollte genauestens erfolgen. Für eine Behandlung ungeeignete Patient*innen sind jene, die Herzrhythmusstörungen oder orthostatische Hypotonie, vorbestehende ausgeprägte kognitive Einschränkungen bzw. Desorientiertheit und schwere Psychosen aufweisen.
Geeignete Ärzt*innen für eine Verschreibung sind Neurolog*innen, die über die notwendige Erfahrung und Kompetenz verfügen, um Cannabis in den oft komplexen medizinischen Kontext der Patient*innen einordnen zu können.
Sämtliche Allgemeinmediziner*innen, Privatärzt*innen oder Fachärzt*innen können Cannabis auf einem "weißen" ärztlichen Rezept verschreiben, da für Parkinsonpatient*innen eine Therapie mit medizinischem Cannabis gemäß Gesetz 94/98 angebracht ist. Nur beim Vorhandensein von klaren Schmerzen (neurogenen Schmerzen) oder Spasmen in Kombination mit einer Resistenz gegen Schmerzmittel können die Kosten vom Sanitätssystem übernommen werden.
Studien zur Behandlung von Parkinson mit medizinischem Cannabis
Non-Motor Symptoms in Parkinson's Disease are Reduced by Nabilone
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/ana.25864
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