Ärztliche Sprechstunden online - Anwendungsgebiete von medizinischem Cannabis
Veranstaltungsreihe des Cannabis Social Clubs 2021
Cannabis zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen

Dr. Marco Bertolotto
Direktor der Abteilung Schmerztherapie im Ligurischen Sanitätsbetrieb, Mitbegründer Arztpraxis CLINN srl., Mailand
Was sind rheumatische Erkrankungen? Welche sind ihre Symptome? Wie sieht die klassische Behandlungsmethode aus? Was können sich Patient*innen von einer Behandlung mit Cannabis erwarten und wie kommen Betroffene zu einer Verschreibung von medizinischem Cannabis?
Mit diesen und weiteren Fragen haben sich Expert*innen und medizinisches Fachpersonal auseinandergesetzt, um sie an einem Themenabend mit Interessierten zu besprechen. Die Ergebnisse der medizinischen Sprechstunde können Sie hier nachlesen, ebenso kann die Videoaufzeichnung der gesamten Veranstaltung angesehen werden. Das nebenstehende Infoblatt kann bei Bedarf auch heruntergeladen und ausgedruckt werden.
Rheumatische Erkrankungen
Rheumatische Erkrankungen sind Krankheiten, die durch Entzündungen von Gelenken, Sehnen, Knochen oder Muskeln gekennzeichnet sind und in einigen Fällen auch andere Organe betreffen können. Einige werden als Bindegewebserkrankungen (Konnektivitis) eingestuft, während andere unter entzündliche Gelenkerkrankungen (Arthritis) fallen.
Sie können in jedem Alter auftreten, auch bei Kindern, und sind im Allgemeinen häufiger bei Frauen anzutreffen.
Die häufigsten Symptome rheumatischer Erkrankungen hängen jeweils von der betroffenen Stelle im Körper ab.
Sie können sich beispielsweise in Form von Arthritis (Schmerzen, Schwellungen und Steifheit in den betroffenen Gelenken), Symptomen einer inneren Organbeteiligung (z.B. Atemnot, Unfähigkeit Nahrung zu schlucken, Nierenschwäche) und Symptomen einer systemischen Entzündung wie Fieber und übermäßiger Müdigkeit äußern.
Klassische Behandlung
Welche Medikamente verschrieben werden, hängt von der Art der rheumatischen Erkrankung und der spezifischen Situation der Patient*innen ab.
Zu den am häufigsten verwendeten Medikamenten gehören Analgetika, entzündungshemmende Medikamente, Kortikosteroide und DMARDs, auch "medikamentöse Basistherapie" genannt.
Klassisch verschriebene Medikamente haben den großen Vorteil, dass sie vom Sanitätspersonal leicht akzeptiert werden und dadurch auch leicht erhältlich sind.
Bei Unverträglichkeit oder auf lange Zeit können die klassischen Medikamente jedoch zu Bluthochdruck, Geschwüren, Infektionen (im Falle von Kortikosteroiden), Appetitlosigkeit, Erbrechen und Suchtverhalten führen. Zu den schwerwiegenderen (selten beobachteten) Nebenwirkungen gehören auch Blutdyskrasie (oft tödlich) und Leberzirrhose, schwere Hautreizungen, Leukopenie, aplastische Anämie.
Behandlung mit Cannabis
Zusätzlich zu den schmerzlindernden und entzündungshemmenden Eigenschaften der Cannabistherapie wird die Lebensqualität von Patient*innen verbessert, indem sie sich positiv auf den Allgemeinzustand der Patient*innen auswirkt. Bemerkenswert ist auch, dass zahlreiche Studien berichten, dass es möglich ist mit Cannabis eine Verschlimmerung der Arthritis zu verlangsamen.
Cannabinoide spielen eine wichtige Rolle bei der Modulation der körpereigenen Abwehrkräfte, ein wichtiges Merkmal bei Autoimmunerkrankungen wie den rheumatischen Erkrankungen.
Die Verwendung von Cannabis zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen wird durch zahlreiche klinische Studien belegt. Von den Patient*innen mit rheumatologischen Erkrankungen konsumieren fast 20 % aktiv Cannabis mit einer daraus resultierenden Schmerzverbesserung.
In diesem Sinne ist CBD, anders als herkömmliche Immunsuppressiva, in der Lage, die Immunantwort gegen den Körper selbst (Autoimmunität) zu verringern ohne die Reaktion auf Infektionen oder Tumorprozesse zu beeinträchtigen.
Zu den empfohlenen Verabreichungswegen gehören die orale Verabreichung mittels in Öl vermischten Extrakten, die inhalatorische Verabreichung wie Verdampfung und die äußerliche Anwendung bei lokalen Symptomen (im Falle von Arthritis).
Die Möglichkeit, die Therapie individuell auf einzelne Patient*innen abzustimmen, macht Cannabis als Arzneimittel sehr praktisch und sicher. In den allermeisten Fällen ist Cannabis sehr gut verträglich und ohne schwerwiegende und dauerhafte Nebenwirkungen.
Ein wichtiger Vorteil von Cannabis ist sein breites Anwendungsspektrum, da ein einziges Produkt mehrere Symptome der Krankheit lindern kann. Darunter fallen Schmerzen, Entzündungsgrad, Schlafqualität und Stimmung.
Die wesentlichen Nachteile sind jedoch eher praktischer bzw. logistischer Natur, da es oft schwierig ist, das Medikament in Apotheken zu erhalten. Da es sich bei medizinischem Cannabis nicht um ein klassisches Arzneimittel sondern um ein Präparat auf Pflanzenbasis handelt, ist es oft schwierig, auf Anhieb die richtige individuelle Therapie zu finden. Das führt wiederum dazu, dass Patient*innen nach kurzer Zeit entmutigt werden können.
Zugang zu medizinischem Cannabis
Für die Behandlung geeignet sind vor allem Patient*innen mit starken chronischen, neuropathischen und noziplastischen Schmerzen.
Die Verschreibung von medizinischem Cannabis können alle Ärzt*innen vornehmen, die über Erfahrung und Fachwissen in diesem Bereich verfügen. Voraussetzungen, welche notwendig sind, um die Verabreichung von Cannabis in das oft komplexe Krankheitsbild der Patient*innen als Therapie bestmöglich einzuordnen.
Cannabis Social Club - Bozen
Dantestr. 2 Bozen
Mo - Fr 09:00 - 17:00 Uhr
Tel.: 0471 1817167
Aufzeichnung ansehen
Die Abendveranstaltung zu diesem Thema fand online am 12.10.2021 statt und kann hier nochmal angesehen werden.
An der Diskussion nahmen teil:
- Dr. Marco Bertolotto, Experte
- Dr.in Sara Zandonella Callegher, Ärztin des Dienstes für Rheumatolgie des Sanitätsbetriebs Südtirol
- Dr. Aldo Leonardo Berti, Hausarzt, Präsident des Cannabis Social Club, Bozen
- Dr. Roberto Pittini, Facharzt für Anästhesie und Schmerztherapie, Meran
- Dr. Elio Dellantonio, Ex-Primar SERD, Bozen
- Peter Grünfelder, Koordinator Cannabis Social Club, Bozen
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Rechtlicher Hinweis
Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen sind nicht als Alternative oder Ersatz für die Anweisungen oder Hinweise von Ärzten oder anderen Fachleuten aus dem medizinischen und pharmazeutischen Bereich gedacht, sondern dienen ausschließlich dem Zweck eines vollständigeren Allgemeinwissens. Dieses Dokument soll in keiner Weise zu verbotenem Verhalten ermutigen. Die Ersteller dieses Dokuments, die Patientenvereinigung Cannabis Social Club Bolzano, übernehmen keine Verantwortung für einen eventuellen Missbrauch der hierin enthaltenen Informationen.